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Beitrag
von Vania » 10.07.2020, 07:52
Hallo.
Zum Titel dieses Threads habe ich einige Fragen:
Was oder wie definieren wir sinnvoll in einem Kontext zu diesem Thema?
Wie können wir es definieren, wenn wir uns darüber einig sind, dass wir weder Evidenzen noch Beweise
in der Metaphysik erwarten dürfen?
Wie versteht der Thread-Ersteller fridolin "sinnvoll"?
Das wäre eigentlich erst so der erste Punkt, der für eine befriedigende Antwort darauf zu klären wäre.
Zweiter Punkt:
ich möchte gern ein paar Überlegungen dazu anbringen, in der Hoffnung, dass sie für den einen oder anderen hier hilfreich sind:
Die NAK bezieht sich in dieser Frage ja auf 1. Korinther 15, 29 wo Paulus eine Taufpraxis in der Gemeinde Korinth anspricht, die zu seiner Zeit dort praktiziert wurde.
Weder verneint er diese Praxis, noch lehnt er sie ab, noch wird sie an einer anderen Stelle von ihm erwähnt.
War das nun nur "ein Schweigen" dazu oder aber sah er darin einen Wahrheitsgehalt dieser Praxis.
Zuerst einmal muss festgestellt werden dass es wohl über 200 Deutungen über diesen Vers gibt.
Barth sagte dazu einmal in den 50er Jahren: Ich werde der erste sein, mich zu freuen, wenn eine befriedigendere Erklärung dieser Stellen in glaubwürdiger Weise auf die Bahn gebracht wird,
vorläufig sehe ich keine andere Möglichkeit als die, das historisch Unauflösliche in seiner Rätselhaftigkeit stehen zu lasse!"
Soviel zum Thema "sinnvoll".
Bis heute kann niemand diese Stelle deuten.
Wenn man diesen Versuch starte möchte, muss man die paulinische Tauflehre und die damaligen Verhältnisse mit einbeziehen.
Die sog. Vikariatstaufe ist also ein Thema, was nicht geklärt wurde bis heute.
Die Totentaufe wird hier von Paulus zur Argumentation verwendet, die sich gegen Leugner der Auferstehung (Jesu) richtet.
Es gibt nun verschiedene Herangehensweisen um die damalige Praxis zu erklären:
- es könnte sein, dass die damaligen Gläubigen die Vollzahl (Offenbarung 7, 4) derer, die vollendet werden, "beschleunigen" wollten. Möglich also, dass es sich um ein eschatologischer Brauch handelte. Denn die damaligen Gläubigen erwarteten die Gottesherrschaft zu ihren Lebzeiten.
Herbert Preisker stellt diese Vermutung auf und erklärt damit auch das Verschwinden dieser Praxis in der Geschichte.
- Risse versteht darunter eine stellvertretende Totentaufe im eigentlichen Sinn.
Er beschreibt die Vikaraitstaufe als "Zeichen" und "als einen Akt der Proklamation und des Bekenntnisses"
(Rissi, Taufe, 89)
Schauen wir auf den jüdischen Kontext:
In jüdischen Kontexten kommt eine Taufe oder Waschung für Tote nicht vor.
Daher ist der Bezug auf Prediger 9 daneben gegriffen.
Im 2. Makk. 12, 43-46 wird beschrieben, wie Judas Makkabäus seinen Gefallenen die Möglichkeit eröffnet, von den Sünden, die sie durch das Tragen von Götzenamuletten begangen haben, erlöst zu werden.
Das in V44 angesprochene Gebet für die Toten zeigt eine erstaunliche Parallelität zur Totentaufe in 1. Kor 15, da die Sühne mit der Auferstehungshoffnung in Verbindung gebracht wird.
Dass es in Bereichen des Judentums möglich war, stellvertretend für Tote einzutreten, haben Marmorstein (Paulus und die Rabbinen) oder auch Stauffer (Stauffer, Ethelbert, die Theologie des Neuen Testaments) versucht aufzuzeigen.
Es bleibt offen ob in Korinth in der Praxis darauf Bezug genommen wurde - zumindest lässt es sich nicht abstreiten.
Besonders im Orphismus finden wir dazu eine gewisse Nähe.
Platons "Staat" gibt dazu einen Kontext im zweiten Buch davon und ein Fragment der orphischen Theologie (Orpheus Fr 232 Kern).
Wolff (korinther, 396) sieht dazu eine Verbindung zur Totentaufe im 1. Korinther.
Weitere Analogien zu 1. Kor 15, 29 finden sich als Inschriften auf Stelen aus Päonien aus der Zeit von 50-250 n Chr (Georg Petzl, Die Beichtinschriften Westkleinasiens). Hinterbliebene errichteten diese Inschriften um den von Göttern getöteten Schuldigen von der Schuld zu befreien (z. B. Apollonios)
Johannes Chrysostomus berichtet über eine stellvertretende Taufe für verstorbene Katechumenen bei den Marcioniten.
Dieses Praxis wirkt aber eher lächerlich, indem sich ein lebender unter das Totenbett gelegt hat, und auf die Frage der Taufe für den Toten geantwortet hat.
Ähnliche Praktiken werden auch von Epiphanius von Salamis bei den Kerinthianern oder von Filastrius bei den Montanisten geschildert.
Es zeigt sich also, dass solche Praktiken durchaus getätigt wurden.
Möglich also, dass diese Praktiken auch die Gemeinde in Korinth beeinträchtigt hat.
Wichtig ist auch das paulinische Taufverständnis zu berücksichtigen. Er erwähnt die Taufe relativ oft, und doch findet sich kein Text über die Taufe an sich.
Nur dort wo es nötig und sinnvoll scheint, spricht er von der Taufe, immer um seine Zusammenhänge argumentativ zu untermauern.
Sein Verständnis dazu beschreibt er z. B. in 1. Korinther, dass die Getauften gerechtfertigt, geheiligt und erlöst sind.
Die Taufe wird als Abwaschung von der Sünde verstanden und macht den Getauften zur "auserwählten Gemeinde" gehörig.
Und sie dient als Eingliederung in den Leib Christi (1. Korinther 12, 13).
In Korinth, so argumentiert Schnelle (in seiner Einleitung , 86) wollten die Gläubigen die paulinische Lehre weiterentwickeln.
ohne sich dabei von weiteren Einflüssen des Umfeldes abzugrenzen.
Dass die korinthische Theologie stark an die Sakramente gebunden ist, zeigt sich in der Gruppenbildung des Täuflings an den Täufer als Autorität.
Paulus sagt ja an einer Stelle, dass er froh ist, die meisten nicht in Korinther getauft zu haben, damit sich niemand "rühmen" könne und
sich de Gruppe "Paulus" anschließen kann.
Es könnte also angenommen werden, dass Paulus von einer Jenseitshoffnung bei den Korinthern ausgehen musste. Mehr noch: Paulus muss genau gewusst haben, welche Intentionen
und Gedanken vorherrschten, immerhin hat er eineinhalb Jahre in Korinther gewirkt.
Für Paulus bedeutet die Taufe das Einverleiben in den Leib Christi und Anteilnahme an Tod und Auferstehung Christi.
Setzt man voraus, dass Paulus die Totentaufe akzeptiert, dann versteht er die Totentaufe auch christologisch.
Die Totentaufe hat dann die gleiche Bedeutung nur eben nachträglich.
Der Verstorbene wird nachträglich zum Leib Christi hinzugefügt und stirbt demnach auch nachträglich mit Christus.
Und da für Paulus Tod und Auferstehung unmittelbar zusammen gehören, ist auch die Auferstehung resultierender Bestandteil der Totentaufe.
Karl. L Schmidt "Die Taufe für die Toten" (eine lixographische und biblisch-theologische Besinnung zu 1. Kor. 15, 29, KBRS 98 (1942), 71) sagt dazu: "Nach Gottes gütigem Willen können auch und sogar Tote noch nachträglich zur Kirche, Zum Gottesvok, zum Christusleib hinzugezählt werden.
So wird der paulinische Hinweis auf die Vikariatstaufe schließlich ein Hymnus auf die schier unbegreifliche Barmherzigkeit Gottes".
(entnommen aus Patrick Wacker, "die Vikariatstaufe", Studienarbeit).
Ravi Zacharias (ein sehr bekannter Apologet, der leider von einigen Monaten in die Ewigkeit gegangen ist) hat auf die Frage eines jungen Mannes des gleichen Themas einmal dazu sinngemäß gesagt: wie könnten wir Gott in seiner Größe verstehen? Und wenn wir ihn nicht verstehen, wie könnten wir dann sein Gnadenwirken verstehen? Es gibt diese Textstelle (gemeint war 1. Korinther 15,29), aus der eine bestimmte theologische Haltung eingenommen wird, aber eines ist sicher. Gott kann erlösen wann, wo und wie er will, ohne dass wir es auch nur erahnen könnten.
Warum nun sollte die Vikariatstaufe und ein Entschlafenen-Gottesdienst nicht sinnvoll sein?