ÜBER DIE UHREN...

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Maximin

ÜBER DIE UHREN...

#1 Beitrag von Maximin » 27.03.2011, 13:57

Gesetzt, wir würden die Uhren verbannen.
Es bliebe die Zeit.
Wie viel ist die Frage.
Stunden, Tage, wie viel Jahre?
Nein, Uhren haben einen Sinn,
sie weisen uns auf heute hin.

Micha, 27.03.2011 :wink:

P.S.: Mit herausfordernden Grüßen an unseren AP Prolle ... :wink:
Zuletzt geändert von Maximin am 27.03.2011, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.

Adler

Re: ÜBER DIE UHREN...

#2 Beitrag von Adler » 27.03.2011, 14:07

Die Uhr

Ich trage, wo ich gehe,
Stets eine Uhr bei mir,
Wieviel es geschlagen habe,
Genau seh ich an ihr.

Es ist ein großer Meister,
Der künstlich ihr Werk gefügt,
Wenngleich ihr Gang nicht immer
Dem törichten Wunsche genügt.

Ich wollte, sie wäre rascher
Gegangen an manchem Tag;
Ich wollte, sie hätte manchmal
Verzögert den raschen Schlag.

In meinen Leiden und Freuden,
In Sturm und in der Ruh',
Was immer geschah im Leben,
Sie pochte den Takt dazu.

Sie schlug am Sarge des Vaters,
Sie schlug an des Freundes Bahr,
Sie schlug am Morgen der Liebe,
Sie schlug am Traualtar.

Sie schlug an der Wiege des Kindes,
Sie schlägt, will's Gott, noch oft,
Wenn bessere Tage kommen,
Wie meine Seele es hofft.

Und ward sie auch einmal träger,
Und drohte zu stocken ihr Lauf,
So zog der Meister immer
Großmütig sie wieder auf.

Doch stünde sie einmal stille,
Dann wär's um sie gescheh'n,
Kein and'rer als der sie fügte,
Bringt die Zerstörte zum Geh'n.

Dann müßt ich zum Meister wandern,
Der wohnt am Ende wohl weit,
Wohl draußen jenseits der Erde,
Wohl dort in der Ewigkeit!

Dann gäb' ich sie ihm zurücke
Mit dankbar kindlichem Fleh'n:
Sieh', Herr, ich hab nichts verdorben,
Sie blieb von selber steh'n.

Johann Gabriel Seidl (1804-1875)

LG Adler

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