
Liebe Evah,
vor Jahren, als ich noch Kraft und Puste hatte, da kletterte ich oft mutterseelenallein in den Tiroler Alpen herum.
Unseres Gottes herrlichstem Kirchenbau. Warnungen, nicht alleine loszugehen, schlug ich lachend in den Wind. Kraftstrotzend strebte ich dem Brandbergkolmberg, östliche vom Mayerhofen, entgegen.
Der Rest meiner Sippe röstete sich derweilen im Finkenberger Freibad, während mein Vater, wie immer im Urlaub, aus Zirbenwurzeln lustige Gesichter heraus schnitzte. Nö, solche Urlaubsvergnügen waren mir zu dumm. Ich fühlte mich doch als den wahren Helden, der sich allein in die wilde Bergwelt aufzusteigen traute.
Als ich den Gipfel erreicht hatte, da war ich
nicht alleine dort oben. Nö! Fröhlich vespernd saßen da nämlich zwei bejahrte katholische Ordensschwestern. Als sie mich bemerkt hatten riefen sie mir den unvergleichlich einladenden Gruß zu:
„Gelobt sei Jesus Christus.“
Einen kurzen Augenblick brauchte ich schon, um meine schwere Enttäuschung zu besiegen. Zwei „
alte Weiber“ waren vor mir
oben angekommen. Grausig das. Die Enttäuschung dauerte aber nur Bruchteile von Augenblicken an. Denn ich hatte Durst und nichts zum Trinken. Hunger und nichts zum Essen. Also antwortete ich kleinlaut:
„In Ewigkeit, Amen…!“
Die beiden Nonnen müssen meinen desolaten Zustand rasch erkannt haben. Denn sie luden mich freundlich ein, mich zu ihnen zu setzen und mit ihnen zu vespern. Denk mal, die hatten sogar ein Schnäpschen dabei. Unglaublich – oder?
Den Rückweg gingen wir gemeinsam. An einer Serpentinenkehre sagte Schwester Maria:
„Sehen sie mal da. Dort hat der liebe Gottes etwas für sie wachsen lassen.“ Nein, es war kein Edelweiß. Es war eine ganze Kolonie mit blauem Enzian. Ich pflückte drei ab und teilte sie brüderlich mit meinen frommen Begleiterinnen.
Liebe Grüße vom alten Maximin
P.S.: Ein Bierdeckel hat leider nicht gereicht. Schlimm…?
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