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von Cemper » 24.09.2009, 11:23
@ Maximin
Vom Föderalismus können wir uns nicht verabschieden. Die Bundesrepublik Deutschland wurde nach den Erfahrungen der NS-Zeit als Bundesstaat - also als Staat mit mehreren Machtzentren (Ländern) - gegründet. Dieser Föderalismus ist durch eine „Ewigkeitsgarantie“ in Art. 79 Abs. 3 GG gesichert. Beachte die Formulierung „1 und 20“ - nicht 1 bis 20 und nicht 21.
Art. 79
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.
(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
Art. 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Art. 20
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
@ Hannes -
beachten Sie bei der Erarbeitung Ihres Vorschlages (den Sie an die Legislative richten wollen) die Bestimmungen in Art. 79 Abs. 1 Satz 1 und Art. 79 Abs. 2 GG sowie die Art. 63 und 64 GG. Hier ist besonders wichtig der Unterschied zwischen „ist zu ernennen“ (also kein Spielraum) und „werden auf Vorschlag ernannt“ (was dem Bundespräsidenten einen Spielraum lässt - er muss dem Vorschlag nicht folgen).
Art. 63 GG
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
Art. 64
(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.
(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei der Amtsübernahme vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehenen Eid.
Ansonsten noch dies:
„Ob der moderne Staat zum Besten des Volkes wirkt, hängt weitgehend davon ab, wem die Staatsgewalt in die Hand gelegt wird. In den demokratischen Staaten nimmt das Volk auf die Übertragung dieser Gewalt in Wahlen Einfluß. Wer das Wahlrecht hat, auf dem liegen unbekümmert darum, ob ihn das staatl. Gesetz zur Ausübung dieses Rechtes verpflichtet od. nicht, sittl. Pflichten, die er nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen soll.
Der Verantwortung, die mit dem Wahlrecht auf seine Schultern gelegt ist, soll er durch Teilnahme an der Wahl gerecht zu werden trachten. Das gehört eben zu den dem Staatsbürger abgeforderten Beiträgen zum Gemeinwohl. Durch verantwortungsbewußte Ausübung des Wahlrechtes eine gute Entwicklung des Staatslebens vorzubereiten ist weitaus besser als einer schon eingetretenen Fehlentwicklung Widerstand leisten zu müssen (Pius XI., "Firmissiman constantiam", AAS 1937, 198). Je mehr v. einer Wahl für die Gestaltung des staatl. Lebens abhängt, umso schwerer sind die einzelnen Bürger zur Teinahme verpflichtet; heute darf man wohl keine der Wahlen im staatl. Bereich als unwichtig ansehen (Pius XII., UG 180 1321 1454 2807 2827 4121 4305 [DRM XIV 540 f, IX 230, VIII 81.19, X 21, VIII 105, XVI 463 f]). Entsprechend triftige Gründe lassen aber die Pflicht zur Teilnahme nicht drängend werden.
Selbstverständl. soll der Wahlberechtigte nicht nur an der Wahl teilnehmen, sondern auch eine gewissenhafte Entscheidung treffen (Pius XII., UG 2828 [DRM X 21]). Dazu muß er die Programme u. das bisherige Verhalten der wahlwerbenden Parteien, aber auch das Wissen u. Können, die Grundsätze u. den Charakter der sich anbietenden Kandidaten prüfen. Mit der Wahl billigt der Wähler im großen u. ganzen die Grundsätze u. das Verhalten des Gewählten, so daß er für sie u. ihre Auswirkungen auf das Gemeinwohl in einem gewissen Grad mitverantwortl. wird. Bei Wahlen können allerdings Kompromißlösungen notwendig werden: Weil keiner der zur Wahl stehenden Kandidaten voll befriedigt, darf man (unter dem Gesichtspunkt des kleineren Übels) aus ihnen den wählen, der die wenigsten Mängel hat; weil von einem Kandidaten in einer Hinsicht größerer Nutzen für das Gemeinwohl zu erwarten ist, darf man ihn wählen, obwohl er in anderer Hinsicht Mängel aufweist (Handlung mit zweierlei Wirkung; vgl. Anrechenbarkeit); weil sich auf einer Liste geeignete Kandidaten finden, darf man für sie stimmen, obwohl sie auch weniger geeignete aufweist (Handlung mit zweierlei Wirkung; wünschenswert sind natürl. Wahlsysteme, die ein Herankommen an die als geeignet erscheinenden Personen ermöglichen).“
Quelle: Artikel Wahlpflicht in: Lexikon der christlichen Moral. Sp. 1313-1315.
Und schöne Grüße von Max Frisch: “Wer sich nicht mit Politik befasst, hat die politische Parteinahme, die er sich sparen möchte, bereits vollzogen: Er dient der herrschenden Partei.”
Cemper