Die Diskussion ist mir teilweise unverständlich.
Herr Cemper weiß nicht, was er beim Orgelspiel macht.
Herr Cemper fragt ferner, was die Christen, die diesen Text singen, sagen oder glauben zu sagen.
Die Fragen sind sicherlich berechtigt. Und die wenigsten Christen werden in der Lage sein, auf derlei Fragen intellektuell befriedigend zu antworten:
Wie ist die Inkarnation zu verstehen?
Wie sind die „Wunder“ geschehen oder zu deuten?
Wie und was geschah bei der Auferstehung?
Das wissen weder Laien wie ich noch die klügsten Theologen.
Das weiß auch, liebe Lory, Dein geliebtes Kind, genannt „HKM“ nicht, weil es nämlich in der von Dir immer wieder inniglich ersehnten Form nicht existiert.
Vielmehr findest Du ein unübersichtliches Konglomerat aus diversen Ansätzen, die spannend sind, oftmals auch nur von „Exoten“ vertreten werden, jedenfalls behaupten das gelegentlich die Vertreter der einen Fraktion von den Anderen.
Nehmen wir mal die Frage nach „Wundern“, wie wir sie aus der Bibel kennen.
Ich habe gerade mal nachgeschaut, wie klar sind wir denn hier in der Theologie, welche Ansätze sind „in“ ?
1.Supranaturalistische Wunderinterpretation (Augustinus)
2.Rationalistische Deutung (C.F. Bahrdt)
3.Mythische Interpretation (D.F. Strauß)
4.Religionsgeschichtliche/kerygmatische Wunderinterpretation (R. Bultmann)
5.Redaktionsgeschichtliche Betrachtung (L. Schenke, D.A. Koch)
6.Biblische Theologie (Childs, P. Stuhlmacher)
7.Feministische Hermeneutik (E. Moltmann-Wendel, C. Mulack)
8.Sozialgeschichtliche Betrachtung (G. Theißen)
9.Psychologische Auslegung (M. Kassel, Drewermann)
10.Hermeneutik der Verfremdung (S. Berg)
11.Wirkungsgeschichtliche Auslegung, Rezeptionsästhetik (H. Frankemölle)
12.„Dritter Weg“ zwischen Historisierung und Metaphorisierung (K. Berger, S. Alkier)
(Quelle, Bibel und Kirche 2/06 S. 92/93)
So Lory, Du schreibst:
Scheinbar ist alles andere nur den Theologen vorbehalten. Die wissen mehr, als sie im größeren Stil(Predigten) preisgeben würden. Meine ich jedenfalls.
So sei es. Was hältst Du von einer Osterpredigt, die die Auferstehung in diesen zwölf Varianten (es gibt bestimmt mehr) beleuchtet. Das wird gewiß eine große Auferstehungsfreude auslösen.
Niemand ist gezwungen, an eine „leibliche“ Auferstehung zu glauben. Gerade weil, wie hier auch erwähnt, so viel Mysterium über den Erzählungen liegt, beispielsweise das „Nichterkennen“ des Auferstandenen, oder auch der „versehrte“, also „ungeheilte“ Auferstehungsleib (Wundmale), bleibt hier letztlich vieles im „Glaubensauge“ des einzelnen Betrachters.
Es muß aber gleichermaßen anerkannt und respektiert werden, wenn hier ein nicht unerheblicher Teil der Christenheit (übrigens auch erstaunlich viele „moderne“ Theologen, Lorylein) scheinbar naiv an eine „Auferstehung“ glaubt. Ich tue das übrigens auch.
In der „Geschichte des Christentums“ schreibt Henry Chadwick, Cambridge in der Einleitung:
“Für die Gemeinschaft der Jünger bedeutete die Kreuzigung nicht das Ende. In den frühesten christlichen Texten finden sich zwei unterschiedliche Darstellungsformen der Auferstehung Jesu. Die erste spricht vom leeren Grab, der Auferstehung nach der Bestattung, dem Erscheinen vor den Aposteln, weiblichen Anhängern und anderen Augenzeugen. Die zweite spricht von dem Herrn, der nun – von den Beschränkungen des menschlichen Lebens befreit – seinem Volk zu allen Zeiten und an allen Orten gegenwärtig ist. Vorgänge dieser Art entziehen sich den Methoden der historischen Untersuchung. Der Historiker weiß, daß etwas Wichtiges geschah, das die Jünger von einem Haufen ängstlicher Männer in kühne Missionare verwandelte, die bereit waren, für ihren Glauben ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Auferstehung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Wiederbelebung (auch nicht in den Texten, die die diesseitige Natur des Ereignisses betonen), sondern meint ein geheimnisvolles „Gehen zu Gott“.
(Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1999 S.29f.)
Dem kann ich mich anschließen.
Ansonsten hat agape hier meine absolute Zustimmung:
Und jeder wird seine eigene Herangehensweise
an das große Mysterium haben
und das ist wahrscheinlich auch
vom "Glaubens- und Bilder-Buch" - nämlich der Bibel - so gewollt.
Aber: Christentum OHNE Mysterium kann bestenfalls noch moralischer Kompass zur Lebensgestaltung sein. Das ist Christentum NICHT!
Manchmal habe ich allerdings das Gefühl, dass sich das Christentum anschickt, so lange „modern“ und intellektuell glaubbar zu werden, bis es verschwunden ist.
Andere Weltreligionen werden es uns danken, wenn endlich die Mystik aus dem christlichen Glauben eliminiert wurde. Schließlich gibt es dann sehr verlockende Alternativen.
Österliche Grüße
"Wenn alle Liebe Ewigkeit will - Gottes Liebe will sie nicht nur, sondern wirkt und ist sie."
Joseph Ratzinger