Liebe Lory,
auch wenn ich nicht angesprochen bin ein paar Gedanken von mir zu Deiner Frage?
>>Würden Sie sagen, dass er (Bultmann) keinen (richtigen) Glauben hatte?<<
Diese Frage zu beantworten birgt für mich folgendes Problem.
Wenn ich sage, ja, Bultmann glaubt "richtig" und impliziere gleichzeitig damit, dass andere die anders glauben "falsch" glauben, haben wir im Grunde wieder die gleiche Ausgangsposition. Einer vesucht dem anderen seine Glaubenssicht als
absolute Wahrheit zu verkaufen.
Ich für mich denke inzwischen, traue dem, der sucht, aber mißtraue dem, der meint gefunden zu haben.
Warum ist unsere Bibel so wie sie ist? Warum z. Bsp. wurde das sogenannte Thomas Evangelium nicht in die Bibel aufgenommen? Warum galt dieser als Häretiker? Das Thomas-Evangelium empfiehlt eine individuelle Gottsuche und schreibt eben nicht einen bestimmten Weg vor. Auch wenn Thomas durchaus vom göttlichen Wesen Jesus Christus sprach. Aber in seinen Schriften sind buddhistische Tendenzen zu erkennen.
Individualismus aber wurde seinerzeit als Gefahr für die Urkirche gesehen und heute ist es im Prinzip nicht anders. Es gab seinerzeit viele Splittergruppen, die katholische Kirche machte nur ca. die Hälfte der Gläubigen aus. Ein großer Teil gehörte zu den Gnostikern (
http://de.wikipedia.org/wiki/Gnosis) und zu den Arianern (
http://de.wikipedia.org/wiki/Arianismus) .
Mit dem Beschluss die Bibel so zu schreiben wie sie ist, wurde also versucht die Organisation Kirche zu stärken, ihr Überleben durch Einheit zu sichern.
Christen wurden seinerzeit noch verfolgt. Das änderte sich erst, als Politik und Kirche sich zusammentaten. Für mich schlecht war m.E. dass Kirche und Politik seitdem kaum noch voneinander zu trennen waren.
Nun, heute empfinden viele Menschen als falsch was damals geschah. Aber wie würde unsere Glaubenswelt heute aussehen, wäre
es seinerzeit anders entschieden worden? Wie würde unser "christliches Abendland" heute aussehen? Gäbe es dieses überhaupt in der Form wie wir es heute kennen? Langsam finden viele Menschen wieder zurück zum individuellen Glauben, wohin uns das führt, werden wir sehen ... ich selbst sehe das natürlich positiv ... die jeweiligen Kirchenleitungen versetzt dies wohl eher in Panik, sehen sie doch die Organisation Kirche dadurch in der Gefahr für die Menschen bedeutungslos zu werden. Es liegt nun an den Organisationen, ob sie ihre Chance nutzen indem sie diesen Individualismus der Gläubigen respektieren, oder aber sie vergraulen, indem sie auf ihre Dogmen bestehen.
Nach wie vor halte ich es aber für falsch, anderen seinen eigenen Glauben als ABSOLUTE Wahrheit zu verkaufen. Sei dies nun kirchlicher, wissenschaftlicher oder historisch geprägter Glaube.
Gestatten wir doch jedem seinen eigenen Weg zu Gott zu finden ... wenn dieser Weg über die Bibel führt, dann kann das m.E. nach nicht "falsch" sein.