Werter Löwe!Löwe hat geschrieben:Wobei wir dann wieder am Anfang meiner Kritik an Ihnen wären, die Sie mir dann so schön dargestellt haben. Ich erinnere: Kritik steht uns Kritikern an der NAK nicht zu, weil Diese nach Ihrer Meinung die Religionsfreiheit untergräbt.(§ xy)
Was aber ist, wenn die "Verantwortlichen der NAK" eben auch die Religionsfreiheit untergraben, indem Diese "Machtbereiche" voranstellen, die Gott so dieser exclusiven Kirche laut Heiliger Schrift gegeben hat?
Ich verstehe nicht, woran Sie hier erinnern. Ich habe doch nie geschrieben, dass Kritiker nicht kritisieren dürfen. Ich will das Problem noch einmal erläutern. Langsam. Schritt für Schritt. Lassen Sie uns diese Schritte einmal gemeinsam gehen.
Menschen werden zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort geboren. Wir beide sind - davon gehe ich aus - in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa (in Deutschland) "auf die Welt gekommen". Andere haben zu anderen Zeiten auch hier oder an anderen Orten "das Licht der Welt erblickt": in Nord- oder Südeuropa, in Asien oder Afrika oder ... Und zu allen Zeiten haben Menschen gefragt: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Warum gibt es mich? Warum gibt es die Welt? Warum ist die Welt so, wie sie ist? Warum gibt es nicht nichts?
Aus solchen Fragen sind - sehr vereinfacht gesprochen - Religionen und Weltanschauungen entstanden. Sie waren immer ein Problem. Hier ging es und geht es nämlich auch um Macht. Wer über Religion und Weltanschauung bestimmen kann, hat die Macht, Einfluss zu nehmen auf das wichtigste, was Menschen haben: die Köpfe. Deshalb gab es sogar Kriege: Religionskriege und Kriege aus weltanschaulichen Gründen.
In einem langen geschichtlichen Prozess sind dann Freiheiten erkämpft und rechtlich gesichert worden. Eins dieser Rechte ist die Freiheit der Religion und der Weltanschauung. Niemand kann uns heute sagen, dass wir und was wir glauben müssen. Niemand kann uns zu einer Weltanschauung zwingen. Dieses Recht ist ein ganz hoher Wert.
Ein anderes Recht ist die Meinungsfreiheit. Wir können denken und sagen, was wir wollen.
Wenn es um Religion geht, müssen wir aber unterscheiden zwischen Religion und Kritik an der Religion. Sehr vereinfacht gesprochen: Die Religionsfreiheit schützt die Entscheidung für einen bestimmten Glauben und die "Ausübung" des Glaubens etwa in Gottesdiensten. Die Religionsfreiheit schützt nicht die Kritik an Religion und Glauben (nochmals: sehr vereinfacht).
Kritik ist aber selbstverständlich nicht verboten. Es gibt ja das Recht der Meinungsfreiheit. Dieses Recht schützt Kritiker. Kiritiker können auch Kirchen kritisieren: auch die NAK.
Es gibt aber ein Spannungsverhältnis. Einerseits kann jeder in Fragen der Religion oder in Glaubenssachen frei entscheiden und hat das Recht, ungestört "seinen Glauben zu leben". Andererseits kann jeder seine Meinung sagen. Wenn nun jemand Kritik an einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft oder am Glauben eines anderen zum Ausdruck bringt, kann es passieren, dass er die Religionsfreiheit des anderen beeinträchtigt.
Im Grundgesetz wird dieses Problem so dargestellt:
In Artikel 4 heißt es: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
Und in Artikel 5 wird gesagt: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."
Sehen Sie den Unterschied? In Artikel 4, in dem die Religionsfreiheit garantiert wird, steht nichts von einer "Schranke" oder Beschränkung. In Artikel 5, in dem die Meinungsfreiheit gesichert wird, wird gesagt, dass diese Freiheit Grenzen hat. Es heißt dort :"... finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."
Wenn nun an Religion und Glauben Kritik geübt wird, dann muss sich der Kritiker immer fragen, ob er die Religion und den Glauben - auch die religiösen Gefühle - eines anderen verletzt.
Nun werden Kritiker sofort sagen, dass sie ja auch verletzt wurden oder werden und dann erzählen, was es in der NAK alles gegeben hat und noch gibt und wie sie gelitten haben. Das alles muss dann ernst genommen werden. Es muss aber auch gesagt werden dürfen, dass jeder das Recht auf Religionsfreiheit hat und dass niemand gezwungen ist, Mitglied einer Kirche zu sein. Ich bin in diesem Forum manchmal genervt, wenn immer und immer wieder erzählt wird, dass ein kirchlicher Amtsträger vor 10 oder 50 Jahren dieses und jenes gesagt hat oder dass in einem kirchlichen Blättchen dieses und jenes stand und dass heute dies und das und jenes passiert und dass es einem deshalb so schlecht geht ... (okay - ist etwas polemisch). Ich frage mich dann immer: Warum nutzen diese Menschen ihr Recht auf Religionsfreiheit nicht? Warum kritisieren sie andere und wollen andere davon überzeugen, dass eine bestimmte Kirche (die NAK) kein gutes Wort verdient? Und warum gießen sie dabei so oft Hohn und Spott aus? Ebenso frage ich mich: Warum wird mir so oft geschrieben, ich würde ja nichts verstehen, weil ich nicht alles "am eigenen Leibe" erfahren habe? Oft wird dann so getan, als könnte ich mir nicht vorstellen, wie schwierig so etwas sein kann - und schon ist der Kritiker wieder in einer exklusiven Ecke: der Ecke des Nichtverstandenwerdens.
Das - werter Löwe - war der Punkt, um den es mir ging. Ich habe das Problem aber sehr vereinfacht beschrieben. Ich weiß natürlich, dass man als Mitglied einer Kirche auch auf die kirchliche Wirklichkeit einen gewissen Einfluss haben will und dann in Konfliktsituationen kommen kann und die Kirche kritisiert und auch kritisieren muss ...
Das für heute. Zu weiteren Diskussionsbeteiligungen komme ich erst morgen oder übermorgen.
Beste Grüße
Cemper