Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Zeit
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Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Zeit
Die Liebenzeller Mission, ein freies Werk innerhalb der Evangelischen Kirche, hat ihre NS-Vergangenheit aufgearbeitet.
Vielleicht sollte man aber vorsichtiger formulieren und sagen: ist dabei ihr NS-Vergangenheit aufzuarbeiten.
Die von der Mission vor drei Jahren bei dem Theologen und Dozenten Helmuth Egelkraut in Auftrag gegebene Studie ist nun als Buch erschienen.
Das Evangelische Gemeindeblatt für Württemberg berichtet im Titelthema der Ausgabe 25 vom 21. Juni 2015 von den Ergebnissen dieser Studie.
Die offizielle Stellungnahme des Komitees der Liebenzeller Mission ist auf ihrer Hompage veröffentlicht: Stellungnahme.
Das offizielle Geleitwort des Direktors der Liebenzeller Mission, Pfr. Detlef Krause, kann hier nachgelesen werden: Geleitwort zur Studie.
Eine Stellungnahme eines, wie er/sie sich selbst nennt, Aussteigers kann hier nachgelesen werden: Rezesion von Eva-Maria zur Studie.
Das Evangelische Gemeindeblatt weiß aus der Studie Erschreckendes von dem Gründer und Missionsleiter Pfr. Heinrich Coerper (1863-1936) und
dessen Nachfolger Missionsdirektor Ernst Buddeberg (1873-1949) zu berichten.
Coerper hat danach bereits 1915 geschrieben: "Das Judentum ist nicht eine Religion, sondern eine Rasse."
Er war dann auch "einer der ersten Pfarrer in Württemberg ..., der sich offen zum Führer bekannt hat."
Auch Buddeberg begrüßt und unterstützt dem Artikel zufolge die NS-Herrschaft voll und ganz.
Es wird schließlich aus einer Stellungnahme zum Judentum zitiert:
"daß das unter dem Fluch des Messiasmordes stehende Volk für die anderen Völker ein Fluch ist" und
"Wir sind damit einverstanden, dass der Einfluss der Juden in unserem Vaterland in der kräftigsten Art un Weise unterbunden wird".
Es werden daraus von der Liebenzeller Mission direkt Konsequenzen abgeleitet:
Buddeberg verfügt, beispielsweise dass keine jüdischen Ärzte mehr konsultiert werden dürfen.
Es wird weiter berichtet, dass auch "zum Christentum konvertierte Juden abgelehnt werden".
Als praktische und anschauliche, ja grausame Beispiele werden im Artikel angeführt:
- ein jüdischer Student dessen jüdische Abstammung ihn den Studienplatz bei der Liebenzeller Mission kostet. Er findet schließlich im Konzentrationslager den Tod.
- eine von der Liebenzeller Mission nach China entsandte Ärztin, der dort angekommen, wegen ihrer jüdischen Abstammung, die Aufnahme verweigert wird.
Auf der einen Seite ist der offene Umgang mit diesem Thema nur zu begrüßen.
Auf der anderen Seite bleibt die brennende Frage:
Warum so spät und wie sieht es in der Evangelischen Kirche insgesamt mit diesem Thema aus?
Man möchte rufen und fragen: Gibt es da noch mehr dunkle und hässliche Flecken?
In Anlehnung an den heutigen Predigtext aus Lukas 6, 36-41 stehen folgende Fragen auf:
Was wurde und wird von den christlichen Kirchen, speziell der Evangelischen Kirche getan, um den eigenen Balken im christlichen Selbstverständnis zu bergen,
bevor der Splitter in der Welt gezogen wird? Wie sieht es insgesamt mit der systematischen Aufarbeitung dieser Vergangenheit aus?
Genügt sich die Kirche in ihrer Stuttgarter Schulderklärung oder hatte und hat diese praktische und nachhaltige Konsequenzen?
Erkennt Christentum und Kirche sich selbst als ausschließlich aus und von Gottes Barmherzigkeit lebende und möchte Christentum und Kirche sich
aus dieser Erkenntnis heraus, nachhaltig und glaubwürdig mit den in der Bibel verankerten Werten in die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts einbringen,
dann kann die Studie der Liebenzeller Mission zu ihrer NS-Vergangenheit nur der Anfang gewesen sein.
Die lukanische Feldrede, in diesem Sinn verstanden und praktisch angewendet, kann so eine ungeheure Sprengkraft entwickeln und
in Kirche und Gesellschaft nachhaltige Veränderung hin zum Guten bewirken!
Centaurea
Vielleicht sollte man aber vorsichtiger formulieren und sagen: ist dabei ihr NS-Vergangenheit aufzuarbeiten.
Die von der Mission vor drei Jahren bei dem Theologen und Dozenten Helmuth Egelkraut in Auftrag gegebene Studie ist nun als Buch erschienen.
Das Evangelische Gemeindeblatt für Württemberg berichtet im Titelthema der Ausgabe 25 vom 21. Juni 2015 von den Ergebnissen dieser Studie.
Die offizielle Stellungnahme des Komitees der Liebenzeller Mission ist auf ihrer Hompage veröffentlicht: Stellungnahme.
Das offizielle Geleitwort des Direktors der Liebenzeller Mission, Pfr. Detlef Krause, kann hier nachgelesen werden: Geleitwort zur Studie.
Eine Stellungnahme eines, wie er/sie sich selbst nennt, Aussteigers kann hier nachgelesen werden: Rezesion von Eva-Maria zur Studie.
Das Evangelische Gemeindeblatt weiß aus der Studie Erschreckendes von dem Gründer und Missionsleiter Pfr. Heinrich Coerper (1863-1936) und
dessen Nachfolger Missionsdirektor Ernst Buddeberg (1873-1949) zu berichten.
Coerper hat danach bereits 1915 geschrieben: "Das Judentum ist nicht eine Religion, sondern eine Rasse."
Er war dann auch "einer der ersten Pfarrer in Württemberg ..., der sich offen zum Führer bekannt hat."
Auch Buddeberg begrüßt und unterstützt dem Artikel zufolge die NS-Herrschaft voll und ganz.
Es wird schließlich aus einer Stellungnahme zum Judentum zitiert:
"daß das unter dem Fluch des Messiasmordes stehende Volk für die anderen Völker ein Fluch ist" und
"Wir sind damit einverstanden, dass der Einfluss der Juden in unserem Vaterland in der kräftigsten Art un Weise unterbunden wird".
Es werden daraus von der Liebenzeller Mission direkt Konsequenzen abgeleitet:
Buddeberg verfügt, beispielsweise dass keine jüdischen Ärzte mehr konsultiert werden dürfen.
Es wird weiter berichtet, dass auch "zum Christentum konvertierte Juden abgelehnt werden".
Als praktische und anschauliche, ja grausame Beispiele werden im Artikel angeführt:
- ein jüdischer Student dessen jüdische Abstammung ihn den Studienplatz bei der Liebenzeller Mission kostet. Er findet schließlich im Konzentrationslager den Tod.
- eine von der Liebenzeller Mission nach China entsandte Ärztin, der dort angekommen, wegen ihrer jüdischen Abstammung, die Aufnahme verweigert wird.
Auf der einen Seite ist der offene Umgang mit diesem Thema nur zu begrüßen.
Auf der anderen Seite bleibt die brennende Frage:
Warum so spät und wie sieht es in der Evangelischen Kirche insgesamt mit diesem Thema aus?
Man möchte rufen und fragen: Gibt es da noch mehr dunkle und hässliche Flecken?
In Anlehnung an den heutigen Predigtext aus Lukas 6, 36-41 stehen folgende Fragen auf:
Was wurde und wird von den christlichen Kirchen, speziell der Evangelischen Kirche getan, um den eigenen Balken im christlichen Selbstverständnis zu bergen,
bevor der Splitter in der Welt gezogen wird? Wie sieht es insgesamt mit der systematischen Aufarbeitung dieser Vergangenheit aus?
Genügt sich die Kirche in ihrer Stuttgarter Schulderklärung oder hatte und hat diese praktische und nachhaltige Konsequenzen?
Erkennt Christentum und Kirche sich selbst als ausschließlich aus und von Gottes Barmherzigkeit lebende und möchte Christentum und Kirche sich
aus dieser Erkenntnis heraus, nachhaltig und glaubwürdig mit den in der Bibel verankerten Werten in die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts einbringen,
dann kann die Studie der Liebenzeller Mission zu ihrer NS-Vergangenheit nur der Anfang gewesen sein.
Die lukanische Feldrede, in diesem Sinn verstanden und praktisch angewendet, kann so eine ungeheure Sprengkraft entwickeln und
in Kirche und Gesellschaft nachhaltige Veränderung hin zum Guten bewirken!
Centaurea
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Lieber Centaurea,
von der Veranstaltung der Liebenzeller Mission, auf der die von Ihnen genannte Studie vorgestellt und ein entsprechendes Statement vorgetragen wurde, gibt es einen kurzen Videomitschnitt, der hier angeschaut werden kann: Klick!*
Auf Ihre Fragen:
Studie über nationalsozialistische evangelische Pfarrer nach 1945: Klick!
Hitler spaltete evangelische Christen: Klick
Ein protestantischer Theoretiker der Moderne: Emanuel Hirsch – brillanter Theologe und prominenter Nationalsozialist - Teil 1: Klick!
Ein protestantischer Theoretiker der Moderne: Emanuel Hirsch - brillanter Theologe und prominenter Nationalsozialist - Teil 2: Klick!
FG,
JNj.
* Aus Zeitgründen komme ich erst heute dazu, darauf hinzuweisen.
von der Veranstaltung der Liebenzeller Mission, auf der die von Ihnen genannte Studie vorgestellt und ein entsprechendes Statement vorgetragen wurde, gibt es einen kurzen Videomitschnitt, der hier angeschaut werden kann: Klick!*
Auf Ihre Fragen:
können vielleicht folgende Beiträge des DLF (Teil-)Antworten geben:Auf der anderen Seite bleibt die brennende Frage:
Warum so spät und wie sieht es in der Evangelischen Kirche insgesamt mit diesem Thema aus?
Man möchte rufen und fragen: Gibt es da noch mehr dunkle und hässliche Flecken?
Studie über nationalsozialistische evangelische Pfarrer nach 1945: Klick!
Hitler spaltete evangelische Christen: Klick
Ein protestantischer Theoretiker der Moderne: Emanuel Hirsch – brillanter Theologe und prominenter Nationalsozialist - Teil 1: Klick!
Ein protestantischer Theoretiker der Moderne: Emanuel Hirsch - brillanter Theologe und prominenter Nationalsozialist - Teil 2: Klick!
FG,
JNj.
* Aus Zeitgründen komme ich erst heute dazu, darauf hinzuweisen.
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Gut finde ich die Aufarbeitung. Da haben sie anderen Glaubensrichtungen etwas voraus. Auch an dieser Stelle wieder Erschrecken und Enttäuschung. Es scheint mir fast egal, welche Institution: Gibt es die Möglichkeit zum Machtmissbrauch, gibt es jemanden, der es tut.
Auch für diesen Fall stellt sich mir die Frage:
Warum tue ich etwas? Warum gehe ich in eine Kirche? Warum leite oder gründe ich eine Kirche/Glaubensrichtung? Was will ich damit erreichen? Nutze ich mein Wissen und Können wirklich nur um das Evangelium Gottes zu verkünden und damit einhergehend seine Liebe und Barmherzigkeit?
Oder nutze ich mein Wissen und können, um anderen Menschen "die Richtung zu weisen", meinem Willen unterzuordnen, Kirche zu missbrauchen.
Wir Menschen neigen ständig dazu, Wahrheiten beiseite zu schieben. Ich. Wir alle. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Wir machen uns damit das Leben leichter. Sich selbst hinterfragen ist anstrengend. Sogenannte "Charakterstarke" haben damit häufig die größten Probleme, da es ihnen schwerfällt, Fehler einzugestehen.
Letztendlich werden wir genau diese Enttäuschungen immer wieder erleben, egal wie die Organisation sich nennen mag. Wir müssen für uns herausfinden, wieweit wir bereit sein können, in dieser Gemeinschaft unsere gute Energie einzubringen. Ein Ergebnis zu schaffen, dass wir uns wünschen.
Es steht einem kirchlichen Vorangänger gut zu Gesicht, wenn er sich bewusst macht, dass seine Mitglieder in einer psychischen Abhängigkeit zu ihm stehen.
Großes Thema Verantwortung.
Ehrliches Bemühen zeigt sich in Taten.
Meint Boris
Auch für diesen Fall stellt sich mir die Frage:
Warum tue ich etwas? Warum gehe ich in eine Kirche? Warum leite oder gründe ich eine Kirche/Glaubensrichtung? Was will ich damit erreichen? Nutze ich mein Wissen und Können wirklich nur um das Evangelium Gottes zu verkünden und damit einhergehend seine Liebe und Barmherzigkeit?
Oder nutze ich mein Wissen und können, um anderen Menschen "die Richtung zu weisen", meinem Willen unterzuordnen, Kirche zu missbrauchen.
Wir Menschen neigen ständig dazu, Wahrheiten beiseite zu schieben. Ich. Wir alle. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Wir machen uns damit das Leben leichter. Sich selbst hinterfragen ist anstrengend. Sogenannte "Charakterstarke" haben damit häufig die größten Probleme, da es ihnen schwerfällt, Fehler einzugestehen.
Letztendlich werden wir genau diese Enttäuschungen immer wieder erleben, egal wie die Organisation sich nennen mag. Wir müssen für uns herausfinden, wieweit wir bereit sein können, in dieser Gemeinschaft unsere gute Energie einzubringen. Ein Ergebnis zu schaffen, dass wir uns wünschen.
Es steht einem kirchlichen Vorangänger gut zu Gesicht, wenn er sich bewusst macht, dass seine Mitglieder in einer psychischen Abhängigkeit zu ihm stehen.
Großes Thema Verantwortung.
Ehrliches Bemühen zeigt sich in Taten.
Meint Boris
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Eine Leseempfehlung zum Thema: Klick!
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- Site Admin
- Beiträge: 2343
- Registriert: 18.03.2010, 17:55
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Vielen Dank für die Literatur-Hinweise!
Das lässt aufhorchen:
Mein Gefühl scheint nicht zu trügen.
Das lässt aufhorchen:
Quelle: FAZ abgerufen 2015-09-15..Natürlich kann ein Buch mit biographischem und theologiegeschichtlichem Schwerpunkt oft nur einen pointillistischen Eindruck der historischen Vorgänge vermitteln. Im evangelischen Bereich fehlt es noch immer an umfassenden Quelleneditionen, die es erlauben, ein Gesamtbild der „Bewegung Deutsche Christen“ und der „Bekennenden Kirche“ zu entwerfen. Christoph Markschies fordert daher in seinem theologischen Nachwort nicht nur intensivere Erinnerung und stärkere Information „vor Ort“, sondern mahnt auch weitere Forschungen an. ...
Mein Gefühl scheint nicht zu trügen.
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
"Ein 'judenfreier' Katechismus - Das "Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben des deutschen Volkes" : Klick!
Darüber gab es auch vor noch nicht allzu langer Zeit einen Beitrag in Dradio "Tag für Tag", allerdings finde ich den momentan nicht mehr.
Darüber gab es auch vor noch nicht allzu langer Zeit einen Beitrag in Dradio "Tag für Tag", allerdings finde ich den momentan nicht mehr.
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
"Judenfrei" heißt dann quasi: Ohne Jesus!
Einen klerikalen "Jesus-freien" Katechismus kann man sich allerdings durchaus denken.



Einen klerikalen "Jesus-freien" Katechismus kann man sich allerdings durchaus denken.

Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Das Christentum ohne den Juden Jesus. Ein amüsanter Gedanke.
Und warum auch nicht? Beruht doch die gesamte Religion auf unklaren Quellen, fragwürdigen Legenden, Hörensagen, historischen (Ver)Fälschungen und imperialistischem Machtstreben.
Und warum auch nicht? Beruht doch die gesamte Religion auf unklaren Quellen, fragwürdigen Legenden, Hörensagen, historischen (Ver)Fälschungen und imperialistischem Machtstreben.
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- Site Admin
- Beiträge: 2343
- Registriert: 18.03.2010, 17:55
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Artikel auf evangelisch.de vom 18.10.2015
Kriegsende in den Kirchen: "Die Schuld wurde ausgeblendet".
LG
Centaurea
Kriegsende in den Kirchen: "Die Schuld wurde ausgeblendet".
LG
Centaurea
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- Site Admin
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- Registriert: 18.03.2010, 17:55
Re: Studie veröffentlicht: Liebenzeller Mission in der NS-Ze
Ebenfalls auf evangelisch.de:
Artikel zu Stuttgarter Schulderklärung vor 70 Jahren: "wir klagen uns an".
LG
Centaurea
Artikel zu Stuttgarter Schulderklärung vor 70 Jahren: "wir klagen uns an".
LG
Centaurea